Widerstand und „Widerstand“ in Griechenland heute

Deutschland demonstriert zurzeit mit Post-Wiedervereinigungsstärke, wer in Europa das Sagen hat und wie die klimatische Selektion in gute und böse Länder vonstatten zu gehen hat (faule Südländer, fleißige Nordländer). Dies mit tatkräftiger Unterstützung geschlossener Reihen der Population samt ihrer politischen Formationen. Das ist der traditionelle völkische Vorgang mit erprobtem rassistischem Praxisbezug. Selbstverständlich sollte es sein, dass man/frau persönliche unmittelbare Gegnerschaft bzw. Widerstand dagegen leistet, verbal und praktisch. Was aber nicht eine automatische Selbstverständlichkeit ist, ist, dass jede der Form nach widerständige Aktion der Massen in den betroffenen Ländern zu heroischem Aufstand verklärt und sich mit denen solidarisiert wird. Es sei denn, die reale gesellschaftliche Situation wird im Bewusstsein ausgeblendet, um die brennenden Barrikaden als Projektion der eigenen Ohnmächtigkeiten politisch und sozial nutzbar zu machen. Solidarität kann nur aus Inhalten entstehen und aus nichts anderem. Anderenfalls führt diese Solidarität zur Stärkung der vor Ort explodierenden rassistischen, antisemitischen und chauvinistischen Exzesse, wie sie seit einiger Zeit in Griechenland stattfinden.

Der Syntagma Platz als Ort und Kristallisationspunkt der Contra Rebellion oder die Volkssynthese
Die Realität in Griechenland spricht genau diese Sprache: Täglich finden Angriffe gegen MigrantInnen und Flüchtlinge statt. Die erdrückende Mehrheit der griechischen Gesellschaft und die griechische Polizei machen das Leben der dort lebenden „Nicht-Griechen“ zur Hölle. Es ist absolut kein Widerspruch, sondern eine Einheit, gegen das „Spardiktat“ der EU und der Troika und gegen die „Fremdkörper“ mit der gleichen Militanz vorzugehen. Linksradikale säubern ihre Stadtteile von Junkies und Dealern, Rechtsradikale von MigrantInnen.

Allein innerhalb von 17 Tagen im Juni fanden über 300 Angriffe mit Schwerverletzten und traumatisierten MigrantInnen statt. Der Monat August war sehr heiß, besonders für die Roma. Hunderte Bürger, unterstützt von der Polizei und den Neonazis des „Goldener Morgen“, überfielen Roma-Siedlungen in Aitoliko. Eine ganze Nacht dauerten die Straßenschlachten. Drei Tage später hat der Mob in Rio die dort campierenden Roma angegriffen, um sie zu vertreiben. Innerhalb von drei Tagen in der ersten Augustwoche verhaftete die Polizei in militärisch organisierten Razzien über 6000 MigrantInnen und Flüchtlinge. Das Volk atmete auf. Gewiss, die ökonomischen Zustände haben zu einer Instabilität des finanziellen Gefälles gegenüber den MigrantInnen geführt; auch wenn dies bei weitem nicht so der Fall ist, wie es von MigrantInnen gewünscht wäre, da sie froh wären, wenn sie den Stand der nun Deklassierten erreichen könnten. Umso deutlicher aber stabilisiert sich der rassistische Alltag. 86% waren vor der sogenannten Krise in GR gegen „Ausländer“, während der Krise auch. Mit dem qualitativen Unterschied, dass dieser Volkswille bei den letzten Parlamentswahlen mit 20 %-igem Stimmenanteil der Neonazis (Goldener Morgen) und anderer Faschisten (Unabhängige Griechen, LAOS usw.), auf der legislativen Ebene verfestigt wurde – bei gleichzeitigen Höhepunkten der rassistischen Angriffe. Von dem antisemitisch veranlagten Hoffnungsträger (auch der hiesigen Linken), dem Linksbündnis SYRIZA, ganz zu schweigen. Von der Lüftung dieser und anderer Geheimnisse handelt die Veranstaltung mit der Gruppe „Antifa Casa del Campo“, einer Athener Antifa-Gruppe aus griechischen und migrantischen AntifaschistInnen. Ihr Motto: „Der Feind ist das eigene Land“.

Frankfurt: 12. September, 20.00 Uhr, IVI (Institut für vergleichende Irrelevanz), Kettenhofweg 130 – Uni Campus Bockenheim, 60325 Frankfurt am Main
Hamburg: 13. September, 20.00 Uhr, Rote Flora. Achidi-John-Platz 1 – Ex-Schulterblatt 71, 20357 Hamburg
Bremen: 14. September, 20.00 Uhr, Infoladen, St. Pauli Str. 10-12 (Ostertor), 28203 Bremen
Moderation: Café Morgenland